In einer Krise müssen alle sparen… oder?

In den vergangenen Jahren war die Wirtschaftskrise allgegenwärtig. Kaum eine Nachrichtensendung verging, ohne dass darüber berichtet wurde. Viele Unternehmen hatten mit schwindenden Umsätzen und v.a. geringeren Gewinnen oder gar Verlusten zu kämpfen. Grund genug für viele dieser Unternehmen, ihre Prozesse und Abläufe zu hinterfragen und letztlich den Sparstift anzusetzen.

geld

Es muss gespart werden!

Dies ist eine naheliegende und durchaus richtige Antwort auf Krisenzeiten. Stehen dem Unternehmen weniger finanzielle Mittel als bisher zur Verfügung, dann kann nicht weiterhin auf gleichem Niveau Geld ausgegeben werden; es sei denn, die Gewinne waren so hoch, dass eine Phase geringeren Gewinns ohne größere Probleme verkraftet werden kann.

 

Prozesse analysieren

In den meisten Fällen wird wohl in irgendeiner Form gespart werden. Im besten Fall werden die bestehenden Prozesse unvoreingenommen analysiert und hinterfragt. Gegebenenfalls vorhandenes Einsparungspotenzial kann so erkannt und genützt werden – ohne, dass es zu einer Verschlechterung der Prozesse kommt. Oft wird das aber nicht ausreichen und es muss über dieses Maß hinaus gespart werden. Oder – und das wird wohl in nicht wenigen Unternehmen der Fall sein – die Prozesse werden nur im Ansatz (wenn überhaupt!) hinterfragt und man beginnt gleich mit dem Sparen ohne das angesprochene Potenzial zu nützen.

 

Subjektive Auswahl der Bereiche, in denen gespart wird

Ohne eine solche Analyse etwaiger Einsparungspotenziale kann das Sparen aber nur nach subjektiven Kriterien erfolgen und ist so letztlich von den Einstellungen und Präferenzen der Entscheidungsträger abhängig. Unternehmensbereiche, die diesen am Herzen liegen, mögen hier verschont oder in geringerem Maße zum Sparen aufgefordert werden als andere Bereiche, die weniger Wertschätzung erfahren.

 

Kommunikationsmanagement oft betroffen

Ein Bereich, den es fast immer erwischt, ist das Kommunikationsmanagement; unabhängig davon wie die Funktion in einem Unternehmen auch heißen mag. Werbung, PR, Marketingkommunikation – letztlich ist die Bezeichnung gleichgültig, gespart werden muss dort auf jeden Fall.

 

Alle Bereiche müssen beitragen

Das macht ja durchaus auch Sinn, oder? Schließlich bricht der Markt ein, das Kundeninteresse geht zurück. Da müssen alle ihr Scherflein beitragen, gerade auch die Kommunikationsfunktion. Das würde auch vom „Markt“ gut geheißen, hört man dann  oft; denn Dinge wie Werbung, PR, Marketing kosten schließlich viel und das kriegen die Kunden auch mit. Darum kosten die Produkte ja auch so viel!

 

Sichtbar sparen…

Es stimmt schon, dass die Arbeitsergebnisse einer Kommunikationsabteilung sehr sichtbar sind. Alles andere würde bedeuten, dass die Abteilung schlechte Arbeit geleistet hat. Nach außen gerichtete Kommunikation zielt in ihrer grundlegenden Natur auf Aufmerksamkeit ab. Tut sie das nicht, hat das Unternehmen ein grundsätzliches Problem, das weit über eine etwaige Krise und damit verbundener Notwendigkeit zum Sparen hinausgeht. Verkürzt bedeutet all dies jedenfalls, dass das Kommunikationsmanagement oft sparen muss, weil seine Arbeit sehr sichtbar und (vermeintlich) teuer ist. Ob das dafür ausgegebene Geld sinnvoll investiert ist oder nicht, spielt in dieser Entscheidung keine große Rolle. Spart man hier, kann man sehr sichtbar dokumentieren, dass man eben spart; und kann andere Bereiche, in denen es weit größere Einsparungspotenziale gäbe, unangetastet lassen.

 

Viele Unternehmen machen es sich einfach

Gerade Industriebetriebe neigen dazu, in diese Falle zu tappen. Fährt man die Kommunikationsinstrumente und die damit verbundenen Ausgaben zurück, kann man auf den ersten Blick eindrucksvolle Einsparungen vorweisen und so suggerieren, dass man es mit der Konsolidierung und finanziellen Neuorientierung ernst meint. Probleme in anderen Bereichen, z.B. den Produktionsabläufen, kann man so getrost ignorieren. Hier den Hebel anzusetzen wäre weit komplexer und anspruchsvoller – vom Einsparungspotenzial her aber auch ungleich größer. Nach außen hin ist dies aber nicht so sichtbar und kann daher weniger gut „verkauft“ werden.

 

Sinnvolles Sparen

Das soll nicht heißen, dass der Kommunikationsbereich nicht sparen soll. Im Gegenteil. Dieser Bereich soll genauso seinen Teil beitragen wie alle anderen Bereiche. Aber in durchdachter und sinnvoller Form und nicht indem das Budget drastisch gekürzt und erfolgreich etablierte Instrumente von heute auf morgen ersatzlos gestrichen werden.

 

Beispiele unüberlegten Sparens im Kommunikationsbereich

Natürlich wird eine auf den ersten Blick beeindruckende Summe eingespart, wenn z.B. eine an internationale Kunden versendete Kundenzeitschrift eingestellt wird. Man erspart sich den Druck und den Versand, etwaige Autorenhonorare und die Ablösung von Fotorechten. Ganz zu schweigen von der Arbeitszeit, die dadurch für andere Aufgaben frei wird.
Es mag auch verlockend erscheinen, die Zahl der Messeauftritte zu reduzieren und die verbleibenden bescheidener zu gestalten. Warum 200m2 wenn auch 100m2 reichen? Die Messeveranstalter rechnen mit einem stärkeren Besucheransturm? Kein Problem, das können wir auch am kleineren Stand bewältigen und sparen damit viel Geld ein, allein schon bei der Standmiete.

 

Die Folgen unüberlegten Sparens

Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen. Was ist aber die Folge eines Sparens in solcher Form? Das Unternehmen verliert Interaktionsmöglichkeiten mit seinen Stakeholdern, v.a. mit Kunden und Interessenten. Gibt es am Messestand weniger Platz, habe ich schon rein physisch weniger Gelegenheit für qualifizierte Gespräche und kann den Messeauftritt so weniger nützen. Stelle ich die Kundenzeitung ein, verliere ich ein Medium, in dem ich volle Kontrolle über die Inhalte und deren Form der Präsentation habe. Dazu kommt, dass das Unternehmen Gefahr läuft, dass sich Kunden und andere Stakeholder ernsthaft zu fragen beginnen, ob das Unternehmen finanziell gesund sein kann, wenn überall so gespart wird. Gerade in Branchen, in denen es um den Aufbau und die Pflege langfristiger Kundenbeziehungen geht, wo also der Lifetime Customer Value eine Rolle spielt, ist dies ein gefährlicher Weg der eingeschlagen wird. Ein Kunde möchte einen Lieferanten, von dem er auch noch in 20 Jahren die benötigten Ersatzteile beziehen kann und im Service unterstützt wird. Einen Lieferanten, der sich die Zeit nimmt, den Kunden kennenzulernen und ihm maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Signalisiert das Unternehmen einem solchen Kunden durch kurzfristige Sparmaßnahmen, finanziell angeschlagen zu sein, kann dies den Kunden verunsichern und Mitbewerbern Chancen eröffnen.

 

Sparen – überlegt und mit langfristiger Perspektive

Wie gesagt, dies soll nicht bedeuten, dass der Kommunikationsbereich nicht auch sparen muss. Das soll er – aber wohlüberlegt und mit einer langfristigen Perspektive. Sehen wir uns noch einmal die beiden erwähnten Beispiele an. Eine Kundenzeitung ist ein sehr wichtiges Kommunikationsinstrument, bietet es einem Unternehmen doch ein redaktionelles Umfeld an, über das es volle Kontrolle hat. Es kann alle Themen bestimmen, es gibt keine „störenden Mitbewerber“, keine „lästigen Journalisten“, die die Texte kritisch hinterfragen. Kurz, das Unternehmen kann sich so präsentieren, wie es möchte und kann die Kundenzeitung – eine gut gepflegte Kundendatenbank vorausgesetzt! – direkt an die Empfänger verteilen. Doch wo steht geschrieben, dass dies immer in Papierform erfolgen muss? Warum nicht auf ein digitales Format umsteigen, z.B. den Versand eines PDFs per E-Mail. Oder der Umstieg auf einen E-Mail-Newsletter mit entsprechendem Redaktions- und Verteilungsplan? Klar, das bedeutet ein wenig Aufwand, aber bringt weit mehr als ein Instrument einfach ersatzlos und unüberlegt komplett zu streichen.

 

Am Messestand sinnvoll sparen

Auch bei einem Messestand kann sinnvoll gespart werden. Erster Ansatzpunkt sollten aber all jene Bereiche sein, die nach außen hin nicht sichtbar sind. So kann z.B. das Lager verkleinert werden. Oder man wählt ein günstigeres Hotel und günstigere Formen der Anreise. Schließlich sind gerade die Reisekosten einer der teuersten Posten eines Messeauftrittes. Oft werden Messebesuche als ein Zeichen der Anerkennung gegenüber verdienten Mitarbeitern angesehen. Das ist ein schönes Mittel, um Wertschätzung für einen Mitarbeiter auszudrücken. In Zeiten des Sparens wird aber niemand ein Problem haben, wenn nur die absolut notwendige Standbesatzung auf die Messe fährt und (Tages)Besucher aus anderen Unternehmensbereichen zu Hause bleiben.

 

Braucht man wirklich so viele Werbegeschenke?

Es müssen auch nicht immer zehn verschiedene Werbegeschenke in rauen Mengen sein, die wahllos in die Menge geworfen werden; vielleicht reicht auch ein kleines, originelles Messegeschenk, das bewusst verteilt wird. Findet man dafür noch einen passenden Aufhänger oder Anknüpfungspunkt zu einem Exponat, umso besser!  Auch beim Catering kann gespart werden, ohne dass es auffällt. Man bietet eine Getränkevariante weniger an und hält sich auch bei den angebotenen Speisen zurück. Welcher Messegast kann sich denn schon erinnern, dass es bei der letzten Messe vier anstatt drei verschiedene Brötchen gab? Es muss auch nicht in jeder Ecke des Messestandes ein Fernseher mit im Loop laufenden Videos stehen, das Backoffice oder etwaige Pausenräume können verkleinert werden. Letztlich wird es genügend Potenzial geben, auch bei Messen deutlich einzusparen, ohne dass der Besucher etwas davon merkt.

 

Gerade in Krisenzeiten in Kommunikation und Marketing investieren

Auch wenn der Gedanke altbekannt ist, so stimmt er doch: gerade in Krisenzeiten sollte ein Unternehmen in den Bereichen Kommunikation und Marketing nicht sparen, sondern lieber noch mehr als sonst ausgeben. Haben Kunden weniger verfügbare Mittel oder sind vorsichtiger in deren Einsatz als zu anderen Zeiten, muss man sich umso mehr um sie bemühen und sich erst recht Gehör verschaffen. Das Unternehmen muss den Kunden vermitteln, warum sie dennoch in neue Produkte und Dienstleistungen investieren sollten. Dies kann natürlich der Vertrieb unmittelbar in Kundengesprächen machen, doch wird kein Vertrieb der Welt auch nur annähernd genügend Kunden erreichen, um das Unternehmen „im Gespräch zu halten“. Dafür braucht es professionelles Kommunikationsmanagement, gerade in Zeiten der Krise.

 

Neue, kreative Ansätze

In solchen Zeiten soll natürlich auch im Kommunikationsmanagement gespart werden, keine Frage. Dieses Sparen soll aber wohlüberlegt und mit langfristiger Perspektive erfolgen, nicht in Form eines „kurzfristigen Aktionismus“. Je mehr Zeit in diese Überlegungen investiert wird, umso mehr Potenzial gibt es auch für neue, kreative Ansätze zur Kundenansprache in Krisenzeiten. Und ja, damit ist mehr als ein neuer Prospekt für die Verkäufer gemeint!

Hinterlasse einen Kommentar